Zero Player Games – Spiele ohne Spieler

Titelbild Zero Player Games

Was genau ist eigentlich ein Zero Player Game, wie definiert es sich, wie spielt man es und welche Beispiele gibt es? In diesem Artikel wird eben jenen Fragen nachgegangen. Das Thema der Fire and Forget Games, wie sie mitunter auch genannt werden, ist jedoch komplexer als man annehmen mag, deshalb wird das Thema hier auf ein Minimum herunter gebrochen und auf einer recht oberflächlichen Ebene erklärt. Es gibt viele weitere Forschungsmöglichkeiten, insbesondere da Zero Player Games ein kleines Paradoxon sind und es viele Definitions- sowie Interpretationsmöglichkeiten gibt. Dieser Artikel bietet einen ersten Einblick und Beispiele.

Das Spiel mit dem Spiel ohne Spieler

Laut gängiger Definition sind Zero Player Games Spiele ohne empfindsamen Spieler. Bezogen auf Computerspiele, handelt es sich hierbei um Programme, die künstliche Intelligenzen benutzen anstatt die Eingaben eines Spielers. Das älteste und gleichzeitig populärste Beispiel ist Conways Spiel des Lebens. Es wurde 1970 von dem Mathematiker John Horton entwickelt und wird als ZPG betitelt, da seine Evolution ausgehend vom ursprünglichen Stadium bereits festgelegt ist und nur in eine Richtung verlaufen kann, was keinen weiteren Input eines Spielers benötigt. Der Spieler interagiert mit dem Spiel des Lebens lediglich, indem er anfangs eine Konfiguration vornimmt und von dort aus zusieht, wie die Zellen sich entwickeln. Für mehr Informationen über Komplexität, Aufbau und Regeln, ist hier der Link zur Wikipedia Seite des Spiels.

Nun sind Spiele laut Staffan Björk und Jesper Juul aber Artefakte, die dem Zweck dienen vom Spieler gespielt, benutzt zu werden. Diese Behauptung macht allein den Begriff „Zero Player Game“ zu einem Oxymoron. Wie definiert sich ein Spiel, mit dem man nicht spielen kann, das keinen Spieler braucht und dem somit das Hauptmerkmal eines Spieles fehlt? Björk und Juul stellen mehrere Arten von Zero Player Games vor, eines davon ist das so genannte „setup-only game“: Ein Spiel, bei dem der Spieler nur zu Beginn die Möglichkeit einer Eingabe hat und das Spiel anschließend selbstständig fortfährt. Ein weiteres wäre das „game played by AI“, also ein Spiel, das komplett von einer künstlichen Intelligenz gespielt wird. Folgerichtig werden ZPGs also dennoch gespielt, wenn auch nicht von einem Menschen (es sei denn man deklariert eine KI, die von einem Menschen programmiert wurde als vollwertigen Spieler).

Nun gibt es aber weitere Fragen, die das Konstrukt der Zero Player Games aufwirft: Hughes beispielsweise behauptet, dass Spielregeln so interpretiert werden könnten, sodass sie den Bedürfnissen und Zwecken des Spielers entsprechen. Sie könnten ignoriert, verändert oder verstärkt werden, damit sie den gemeinschaftlichen Zielen einer Gruppe Spieler gerecht werden. Ein Zero Player Game hingegen verwehrt diese Möglichkeit und lässt den Spieler gar nicht erst anderweitig aktiv Anteil am Spielgeschehen haben. Andere Spiele erlauben kleine Regelbrüche, der Spieler kann sich frei bewegen, manchmal sogar zwischen mehreren Möglichkeiten wählen oder sich einfach anders entscheiden als der vom Spiel vorgewählte Weg es vorgibt. Durch diese Möglichkeit entstünden bei verschiedenen Spielern verschiedene Erfahrungen, durch ein und dasselbe Spiel hervor gerufen, aber dennoch unterschiedlich. Diese Möglichkeit der Individualisierung entfällt bei Zero Player Games nach der standardmäßigen Definition, es sei denn die KI basiert auf einem Zufallsprinzip – doch selbst dann hat der Spieler keinen Einfluss darauf wie sein Spiel verlaufen wird und die Erfahrung, die er macht, wurde nicht von ihm, sondern einer künstlichen Intelligenz bestimmt. Dass der Spieler dennoch minimalen Einfluss haben kann, sodass sich sein Spiel durch das eines anderen unterscheidet, sehen wir gleich noch.

Gleichzeitig gibt es die Anmerkung von Mia Consalvo, dass Spiele sich durch den Akt des Spielens definieren würden. Ihrer Annahme zufolge ist ein Spiel erst dann ein Spiel, wenn es Gameplay gibt, ein Spieler die Möglichkeit hat selbst tätig zu werden. Zero Player Games bieten diese Möglichkeit entweder rudimentär oder gar nicht. Sind sie deshalb eigentlich keine Spiele?

Um diesen theoretischen Text ein bisschen anschaulicher zu gestalten, gibt es nachfolgend drei Beispiele von Zero Player Games.


Progress Quest

Progress Quest öffnet sich in einem Windows XP Fenster, ist nur in Textform verfügbar und eine Parodie des MMORPGs Ever Quest. Es wurde 2002 von Eric Fredricksen entwickelt und zählt zu den bekanntesten Zero Player Games. Die Stats des Charakters werden angezeigt und mittels eines Ladebalkens erfährt der Spieler was er gerade bekämpft. Am Ende eines jeden Kampfes sammelt er Erfahrung und Loot, die nach gewisser Zeit verkauft und bessere Rüstung eingekauft wird. Auch den Fortgang der Geschichte kann man über das Fenster verfolgen: Plot Development gibt einen Überblick über das Kapitel in dem man gerade ist und welche man bereits hinter sich hat. Der einzige Aufwand für den Spieler besteht darin, dass er zu Beginn eine Klasse wählen und weitere Individualiserungen vornehmen muss.

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Clickpocalypse 2

Bei Clickpocalypse 2 gibt es ein wenig mehr zu sehen als Listen und Tabellen. Der Spieler wählt seine Gruppenmitglieder, welche anschließend von Dungeon zu Dungeon wandern, Gegner töten und alles aufsammeln, was gedropt wird. Nach einiger Zeit hat sich vieles angehäuft, sowohl Gegenstände als auch Geld und Erfahrungspunkte. Dieses kann der Spieler beliebig verwenden, beispielsweise die Charaktere leveln, um schneller mehr Geld und Erfahrung zu sammeln. Dieses Zero Player Game involviert den Spieler verhältnismäßig viel, kann jedoch auch für mehrere Stunden allein gelassen werden. Kehrt der Spieler zurück, sind seine Charaktere ganz woanders und man kann mit wenigen Klicks Dinge verkaufen, ausrüsten oder Zauber lernen.

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A Knight’s Story

Ein Klick und schon begibt sich Tristan alleine auf sein Abenteuer in A Knight‘ Story. Je mehr Zeit vergeht, desto stärker wird er, bekommt Boni und Gold je länger er unterwegs ist und schnell wird aus einem Noob ein Rekrut. Langsam aber sicher verbessert er sich und das ohne dass ihr auch nur einen Finger rühren müsst. Im Sekundentakt erschlägt Tristan Schleimis und verbessert automatisch seine Rüstung. Ohne Aufwand kann der Spieler hier den Aufstieg des Ritters beobachten – leveln und looten ohne Aufwand.

A Knight's Story_2A Knight's Story_1


Das Prinzip der Einfachheit

Weitere Titel, die sich minimale Partizipation auf die Kappe geschrieben haben, sind beispielsweise Idle 2 oder Godville, das auch mobil verfügbar ist. Allerdings bin ich irgendwann an den Punkt gekommen, an dem sich mir die Frage stellte, ob ein RICHTIGES Zero Player Game dann nicht eher ein Bildschirmschoner ist. Oder kann man es mit Let’s Plays vergleichen, nur dass Kommentare und Fehlversuche und somit die individuelle, wenn auch geteilte, Erfahrung, die laut Hughes ein Spiel zu einem Spiel macht, fehlt. Sind die oben genannten Beispiele nicht eher so genannte „incremental games“, also Spiele bei denen der Spieler so wenig wie möglich tut und nur minimale Aktionen performt?! Ist dieser Begriff ein Synonym für Zero Player Games? Fragen über Fragen uns schlussendlich führten sie alle mich zu einer Erkenntnis:

Es ist zwar interessant sich auf einer diskursiven Ebene mit Spielen auseinander zu setzen und zu erforschen, was das Medium abseits der Mainstream Unterhaltung bietet, letztendlich ist es aber trivial. Letztendlich geht es hauptsächlich ums Spielen selbst und die Erfahrung, die man dabei macht. Zero Player Games (oder wie man sie sonst nennen mag) bieten einfache Unterhaltung, die den Unterhaltenen zwar einbeziehen, aber doch von alleine funktionieren (dank KI, die einen vom Programmierer vorgefertigten Weg abläuft oder einer, die die erhaltenen Werte analysiert und anhand derer selbst Entscheidungen trifft). Dieses Fazit ist einfach, genau wie das Prinzip der Zero Player Games, wenn man es auf die grundlegenden Aspekte herunter bricht. Es ist einfach witzig, manchmal unterhaltsam und auf alle Fälle faszinierend.

Was sind eure Gedanken zu Zero Player Games? Spannendes Phänomen oder reine Zeitverschwendung? Habt ihr Erfahrungen mit ihnen gemacht? Schreibt es im Kommentarbereich ⇓


Quellen

Björk, Staffan & Jesper Juul (2012). „Zero-Player Games Or: What We Talk about When      We Talk about Players“. Presented at the Philosophy of Computer Games Conference,    Madrid.
Hughes, L.A. (1999). „Children’s games and gaing“. In: B. Sutton-Smith (Ed.). Children’s        Folklore: A Source Book. New York: Routledge. pp. 93-119.
Consalvo, Mia (2009). There is no Magic Circle. Games and Culture October 2009                4. pp. 408417.

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