Baby Jesus Christ RPG – Wir machen eine Bibelreise!

TitelbildBabyJesusRPG

Eines einsamen Abends surfte ich auf Steam Greenlight, um zu sehen, was die Indie Szene gerade so fabriziert. Erwartungen hatte ich keine, ich wollte mich einfach nur überraschen lassen. Und dann stieß ich auf Jesus Christ RPG – ein Abenteuer in drei Teilen, das die Geschichte Jesu erzählt und durch spielerische Art und Weise durch das neue Testament führt. Mit dabei sind angeblich diverse Engel und Menschen, die auch in der Bibel ihren Platz haben. Klingt ja so ganz spannend. Vor allem kann man einerseits viel Bildungspotenzial und Aufgeschlossenheit befürworten, andererseits Diffamierungen und Diskreditierung anprangern. Das perfekte Spiel also! Hier Teil 1 der Trilogie.

Religionsfreiheit ist eine tolle Sache und gleiches gilt für Satire. Hier möchte niemand jemandem auf den Schlips treten und alles fällt unter den Grundsatz der freien Meinungsäußerung und kreativer Freiheit.

Ein prekäres Thema. Oder?

Entsprechend sind auch die Meinungen über diese Reihe extrem gespalten: Die einen halten es für RPG Maker Trash, andere fühlen sich in ihrer Religion beleidigt und verletzt und dann gibt es solche, die es einfach nur lustig und originell finden. Ich bin irgendwo dazwischen. Klar, etwas anspruchsvolles kann man hier wohl kaum erwarten, ebenso wenig bahnbrechende Story (immerhin ist alles aus der Bibel frei interpretiert) und auch die Möglichkeiten des RPG Makers sind begrenzt. Soweit also meine ersten Gedanken während ich den ersten kostenlosen Teil (Baby Jesus Christ RPG) von der Seite der Entwickler downloade. Dabei habe ich auch noch andere Spiele gefunden (hey, es gibt was umsonst!), dazu vielleicht bald mehr in einem anderen Artikel.

Eine Installation gibt es nicht, man muss lediglich das Paket entpacken und kann loslegen! Es sieht aus wie ein 08/15 Low-Budget-RPG. Aber vielleicht hat es doch etwas mehr zu bieten und kann mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten. Abgesehen von den Charakteren in den ersten paar Minuten, ist das Spiel nett gestaltet und wurde liebevoll mit Details versehen. Was ich eingangs für einfallslos hielt, macht sich schon bald positiv bemerkbar – es ist doch immer wieder schön bekannte Elemente wiederzufinden und sich an großartige Titel erinnert zu fühlen.

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Überraschungen und Wunder

Hier und da werden Geschehen oder Personen ins Lächerliche gezogen, man macht Witze über Kaiser Augustus und die bösen Buben kommen in die Hölle, nachdem man sie besiegt hat. Spoilern kann man nicht wirklich: Die grobe Story dürfte bekannt sein (andernfalls guckt doch eben hier nach) und der Rest entspringt der blühenden Fantasie und diversen Märchen, Mythen und Geschichten. Was Klischees angeht, ist Baby Jesus Christ RPG also gut bestückt, es hat sogar einige sehr witzige Momente. Und ob man es glaubt oder nicht, das 8-bit Hintergrundgedudel hat sogar Ohrwurmpotenzial. Überraschenderweise. Das Balancing ist allerdings schwierig, manche Kämpfe zu Beginn sind nicht schwer, sondern schlichtweg unfair und nur vom Glück abhängig. Hat man das ein paar Mal gehabt und ist aufgestiegen, ist es plötzlich viel zu einfach. Außerdem ist bei Level 10 Schluss. Da das Spiel aber auch nur eine Spielzeit von knapp unter einer Stunde hat, macht das nichts aus. Die Endgegner oder Zwischenbosse kann man auch unter den gegebenen Umständen besiegen und das Spiel wird so ein klein wenig fordernder.

Kein Hexenwerk, aber solide Handwerkskunst

Womit wir bei dem klassischen RPG stuff wären. Dieses Spiel hat den gleichen Anreiz wie alle anderen seiner Art: leveln, looten, erkunden, noch mehr leveln, mehr looten, mehr erkunden, Story machen. Und ganz klassisch: Hängt man an einem Gegner, freut man sich umso mehr, wenn er endlich besiegt wird. Es gibt sogar Gegner, die nur auf eine bestimmte Art besiegt werden können, Charaktere haben einzigartige Fähigkeiten, es gibt sogar Ruinen, Dörfer und Städte, die man erkunden kann, Fähigkeiten, die erlernt werden wollen. Zudem gibt es (sehr) kleine Sidequests, die das Spiel abrunden und ihm mehr Dimension verleihen. Wie ihr seht, ein formell normaler RPG Titel, dem es (aufgrund der offensichtlichen Tatsache, dass die Story aus der Bibel kommt und am Anfang von Jesus Leben dann doch nicht so viel passiert ist) ein wenig an Inhalt mangelt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Aus der ganzen Trilogie kann man so viel machen, Jesus hat später doch ordentlich viel erlebt und ich finde das Konzept, diese Gleichnisse in ein Spiel zu verfrachten, ansprechender als ich offen zugeben sollte.

Fazit

Das Spiel hält doch so einige Überraschungen bereit und sorgt für manchen Schmunzler. Dafür muss man nicht unbedingt bibelfest sein, ein gutes Allgemeinwissen und grundlegende Kenntnisse über das Christentum könnten aber hilfreich sein. Ist hier womöglich ein verstecktes Potenzial, das Kindern im Religionsunterricht den Stoff besser beibringen kann? Hmm.

Zu viel Engstirnigkeit hat noch niemandem gut getan und deshalb behaupte ich: Dieses Spiel mag Trash und verrückt sein, aber einen gewissen Mehrwert kann man ihm nicht absprechen. Auch seinen kleinen, aber dennoch vorhandenen Spaßfaktor darf man nicht außer Acht lassen. Es ist und bleibt ein Spiel, das unter die Kategorie „kranker Scheiß“ fällt, aber deshalb auch ein Erlebnis ist.

Was lernen wir daraus? Etwas ausprobieren und sich damit auseinander setzen, bevor man vorschnell urteilt. Besonders in diesem Fall, denn für ein RPG, das nichts kostet, hat es genug Unterhaltungswert, um nicht vergeudete Zeit zu sein. Haben wir am Ende also doch eine Menge davon gehabt. Und das in nur einer Stunde und ohne Geld auszugeben. Gut, es mal gespielt zu haben.

Nächste Woche treffen wir uns an gewohnter Stelle (nämlich hier) zum zweiten Teil von Jesus Christ RPG.

Playthrough durch den ersten Teil der Trilogie:

https://www.youtube.com/watch?v=1nnrq3y8Aqs

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