Spiele in einem kontemporären Kontext zu sehen oder zu “testen” ermöglicht immer neue Sichtweisen und Denkanstöße. Unsere Ansprüche ändern sich und es ist immer interessant zu sehen, wie sich unser damaliges Lieblingsspiel heute schlägt. Diese Reihe thematisiert eben dieses Phänomen, stellt fünf Spiele vor, die ich in meiner Kindheit spielte und stellt sie nochmals auf den Prüfstand. In Teil 3 der zweiten Staffel widmen wir uns heute dem großartigen Herc’s Adventures.
Artikel über Spiele zu schreiben schwankt immer zwischen folgenden Versuchen: möglichst viele Informationen über das Spiel geben, aber dabei so wenig wie möglich spoilern, um das Spiel interessant zu machen. Herc’s Adventures ist da keine Ausnahme und das, was das Spiel hier besonders macht, ist das, was ich unbedingt beschreiben will, aber auch unbedingt euch selbst entdecken lassen möchte. Einfach weil es so großartig ist, immer wieder von einem Spiel überrascht zu werden.
Gehen wir trotzdem kurz die Fakten durch: Herc’s Adventures von LucasArts Entertainment erschien 1997 für die Playstation und Sega Saturn. 2014 wurde es zusätzlich für den Amerikanischen Markt zum PSN hinzugefügt. Bis zu zwei Spieler können in die Rolle eines griechischen Helden schlüpfen, Herkules selbst, dem stärksten Menschen, der irgendwann in den Olymp aufgenommen wurde, Atlanta, die aufgrund ihres Geschlechts von ihrem Vater im Wald ausgesetzt, von Bären aufgezogen und dann zur besten Jägerin wurde und Jason, einer der Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies, Sohn des Königs von Iolkos und verheiratet mit Medea, ihres Zeichens Enkelin des Sonnengottes Helios.
Aus eben diesen drei Charakteren kann man wählen. Um die zahlreichen Gegner los zu werden, stehen jedem stereotypen Charakter mehrere Waffen zur Auswahl: Als Hercules könnt ihr beispielsweise eure Keule benutzen oder mit Speeren auf sie werfen – müsst ihr aber nicht. Dank halbgöttlicher Stärke könnt ihr Soldaten so lange mit Kühen bewerfen bis sie in rot gepunkteten Shorts davon laufen (ein bisschen wie Asterix :)).
Weiter geht es mit der Story. Diese ist ebenfalls an die griechische Mythologie angelehnt. Anstatt die Erklärung zu lesen, schaut euch doch einfach das Intro an:
Im Laufe des Spiels führt es euren Helden durch das antike Griechenland und ihr müsst für einige Götter göttliche Aufgaben erledigen. Dazu zählen zum Beispiel die Kuh Io zu fangen, den Kopf der Medusa zu besorgen und so weiter. Dabei wandert ihr nicht nur zwischen schönen weißen Säulen hindurch, sondern müsst auch andere Orte besuchen, wie Sparta oder das Land der Amazonen.
Immer wieder stellt euch das Spiel vor neue Herausforderungen, im Grunde läuft es aber immer auf das eine hinaus: kämpfen, den Weg finden und wieder von vorne anfangen. Das bedeutet keinesfalls, dass Herc’s Adventure einfach oder gar monoton und langweilig ist. Das Gegenteil ist der Fall, selten hat mich die Story und der Questreichtum gepaart mit einem Hauch Realität so fasziniert und retrospektiv auch überrascht. Klar, im Grunde ist es von den Griechen geklaut, aber es ist so schön bunt, sehr humorvoll und vor allem stimmig umgesetzt, dass man gar nicht anders kann als dem Spiel neugierig gegenüber zu stehen.
Damals habe ich nichts verstanden und musste durch Ausprobieren heraus finden, was zu tun ist. Die Story war mir egal, lesen wollte ich sowieso nichts in einem Spiel und war der Meinung, dass man auch durch stupides, willkürliches Knöpfe Drücken vorwärts kommt. Bedingt hat das auch funktioniert, aber früher oder später verliert man das Interesse. Heute, gut 15 Jahre älter und später, erschließt sich mir die Story, Zusammenhänge werden erkannt und mitunter auch die Brillanz eines Spiels. Was hier eher explizit aus dem Olymp „geliehen“ wurde, ist in anderen Spielen subtiler versteckt. Dass es einen Sinn macht, wenn der Planet in Final Fantasy 9 Gaia heißt (für mich als Wortfetischistin ist sowas erste Sahne!) und wieso es durchaus Sinn macht in Herc’s Adventures Pyramiden zu finden, wird einem erst mit steigendem Alter klar. Dass Spiele nicht nur Unterhaltung und plump sind, auch das kristallisierte sich erst später heraus.
Am Beispiel von Herc’s Adventures habe ich gemerkt, dass es mit dem Alter so ist wie mit einer (guten) Story im Spiel: Es fängt langsam an, du versteht kaum etwas, bist schnell überfordert und fängst gerade erst an alles zu begreifen. Einige Zeit später erfasst du das große Ganze, erkennst kleinste Anspielungen und kannst erst jetzt etwas mit all dem anfangen, was dir von Anfang an geboten wurde.
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Bildquelle Stammbaum: http://online-media.uni-marburg.de/kunstgeschichte/sds/secure/marburg/31-antike-mythologie/31_02_griechenland/02_olymp_gross.htm