Apocalypse: Erinnerungen einer Kindheit (Teil 5)

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Spiele in einem kontemporären Kontext zu sehen oder zu “testen” ermöglicht immer neue Sichtweisen und Denkanstöße. Unsere Ansprüche ändern sich und es ist immer interessant zu sehen, wie sich unser damaliges Lieblingsspiel heute schlägt. Diese Reihe thematisiert eben dieses Phänomen, stellt fünf Spiele vor, die ich in meiner Kindheit spielte und stellt sie nochmals auf den Prüfstand. Teil 5 der Reihe bringt euch Apocalypse näher, einen Endzeit-Shooter starring Bruce Willis.

Es war 1998, das Jahr in dem Bruce Willis in Armageddon auf den Leinwänden stirbt. Im gleichen Jahr erscheint für die Playstation ein von Neversoft entwickelter und von Activision veröffentlichter Twin Stick Shooter namens Apocalypse. Und wieder einmal kann der heute 60-jährige ein Held sein:

Zum einen ist da ein Bösewicht, „The Reverand“, der die vier Reiter der Apokalypse wieder zum Leben erweckt und ihnen befielt die Welt zu vernichten und Unheil über sie zu bringen. Und dann ist da Bruce Willis, den wir spielen, im Spiel heißt er Trey Kincaid und ist der ehemalige Gehilfe, Partner, Freund o.ä. des Reverands. Aus irgendeinem Grund sitzt er im Gefängnis, aus dem er bzw. wir aber kurze Zeit später ausbrechen. Es geht durch die Kanalisation und Höhlen in die Stadt, über Dächer, durch die Straßen und permanent begegnen uns Menschen oder Zombies (so genau kann man das nicht erkennen und wenn man apokalyptische Reiter beschwören kann, ist alles andere auch möglich), die uns aufzuhalten versuchen. Aber natürlich finden wir überall Waffen und Munition und können uns den Weg frei schießen. Was das Spiel besonders machte war das Gesicht von Bruce Willis und seine Einzeiler, die er hier und da zum Besten gibt. Überraschenderweise wurde für die deutsche Sprachausgabe der Synchronsprecher des Stirb Langsam Schauspielers angeheuert.

Was für mich das Besondere an dem Spiel ist, ist die verdammte, anstrengende Kamera. Sie machte das Schießen und Ausweichen schwer, ständig verfehlte man Plattformen, hat nicht richtig getroffen und es war ein Krampf! Aber merkwürdigerweise sah Apocalypse früher viel bunter und fröhlicher aus. Ich dachte bis vor kurzem immer, dass man mit einer bunten Laserkanone durch bunte Level hüpft und fremde Wesen oder Aliens tötet. Dass das Spiel eigentlich gar nicht so fröhlich aussieht und man hier (aller Wahrscheinlichkeit nach) Soldaten tötet, ist an mir vorbei gegangen. Ich hatte auch nie Albträume von diesem Spiel. Der Tod selbst war nur ein abstraktes Konzept: Die Menschen im echten Leben waren einfach an einem anderen Ort, als seien sie ausgewandert, Gegner in Spielen sind immer wieder respawnt und zu sterben war einfach nicht schlimm. Dumbledore tat sein übriges, denn für ihn ist der Tod nichts weiter als der Beginn des nächsten Abenteuers. So oder so, ich empfand Apocalypse nicht als grausam oder beängstigend, es hat einfach Spaß gemacht die Welt zu retten, Level zu schaffen und sich selbst immer wieder zu fordern und zu siegen.

Ist das jetzt schlimm, dass ich ein eigentlich gewalttätiges Spiel euphemistisch wahrgenommen habe und jetzt hier als „Kindheitserinnerung“ anführe? Ist es schlimm, dass ich solche Spiele gespielt habe und dadurch der Tod geliebter Menschen leichter zu akzeptieren und zu verstehen war? Ist es verwerflich als Kind so etwas zu sehen, aber dabei an bunte Welten, Heldentum und das Überschreiten der eigenen Grenzen zu denken? Nein! Mich hat es keinesfalls negativ beeinflusst, wahrscheinlich war ich einfach zu jung, um die Tragweite zu begreifen. Aber heute, viele Jahre später, empfinde ich es nicht als Belastung, ganz im Gegenteil: Ich habe fröhliche Erinnerungen an das Spiel, ich habe meinen Weg durch die Level gefunden und ungeachtet dessen, dass ich auf Widerstand stieß, habe ich die verdammte Welt gerettet und dachte die ganze Zeit, ich würde durch eine Gummibärchen-Regenbogen-Welt hüpfen.

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Quelle des Titelbilds: gameinformer.com, wo ihr einen interessanten Artikel zu weiteren Spielen mit prominenten Gesichtern findet.

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